Museumsgeschichte
Die Aufmerksamkeit wurde erst wieder auf Kościuszkos letzten Wohnsitz gelenkt, als die Familie Gassmann, die seit 1881 Eigentümer von Zeltners Haus war, dieses an die Firma «Chocolat Villars AG» verkaufte und diese 1932 das Erdgeschoss des Gebäudes in rücksichtsloser Weise zu modernen Geschäftslokalen umbaute.
Die Initiative, zumindest Kościuszkos Wohnung zu retten, ging vom damaligen polnischen Botschafter in Bern, Dr. Jan Modzelewski, und dem Kulturattaché, Dr. Alfons Bronarski, aus. Seitens des Kantons Solothurn unterstützte Regierungsrat Dr. Max Obrecht das Anliegen, und auch Hugh R. Wilson, von 1927 bis 1937 Botschafter der USA in der Schweiz, engagierte sich für die Sache. Ziel war es, ein Museum zu Ehren eines polnischen und amerikanischen Nationalhelden zu schaffen.
1933 wurde das ehrenamtliche Organisationskomitee zur Errichtung des Kosciuszko-Museums in Solothurn gegründet, das sich um die Organisation und Ausstattung des Museums kümmerte. Es sollte in zwei Räumen der ehemaligen Wohnung von Kościuszko untergebracht werden, wo die gesammelten Dokumente, Gegenstände und verschiedene Erinnerungsstücke das Leben und Wirken des Anführers umfassend widerspiegeln würden.
Die offizielle Einweihungsfeier des Kosciuszko-Museums fand am 27. September 1936 im Rathaus im Kantonsratssaal statt. Dr. Max Obrecht, Regierungsrat und gleichzeitig Vorsitzender des Organisationskomitees für die Errichtung des Museums, eröffnete den Festakt mit seiner Rede. Das Ehrenpatronat über dieses Ereignis übernahmen die Bundesräte Giuseppe Motta und Hermann Obrecht, der damalige polnische Außenminister Józef Beck und der damalige Gesandte der Vereinigten Staaten Hugh R. Wilson. An der Veranstaltung nahmen auch Vertreter polnischer Vereine in der Schweiz teil, sowie Vertreter der Schweizer Kulturwelt und Journalisten. Nach dem Festakt im Rathaus begaben sich die versammelten Gäste in Kościuszkos ehemalige Wohnung an der Gurzelngasse 12, wo das Band durchschnitten und das Museum eröffnet wurde. Am selben Tag wurde die Kosciuszko-Gesellschaft gegründet, die das Museum und die polnische Gedenkstätte in Zuchwil betreut.
Dank der Sammlung einer beträchtlichen Geldsumme, zu der der weltberühmte polnische Pianist Ignacy Jan Paderewski mit seinem Konzert im Jahr 1937 beitrug, konnten Mittel beschafft werden, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des Sterbezimmers von Kościuszko nach dem zeitgenössischen Aquarell von Antoni Brodowski wiederherzustellen, welches das Aussehen des Raumes mit einer Nische darstellt. Das Museum erhielt von polnischen Museen und Privatpersonen eine bedeutende Anzahl von Gemälden und Grafiken, die die Taten von Kościuszko illustrieren. Die Familie Gassmann schenkte dem Kościuszko-Museum auch Erinnerungsstücke, die wahrscheinlich im Haus verblieben waren. Die italienischen Erben von Emilia Zeltner taten dasselbe. Auch andere wertvolle Exponate konnten durch Schenkungen oder käuflich erworben werden.
Anlässlich der Gedenkfeier zum 150. Todestag von Kościuszko schrieb der damalige Sekretär der Gesellschaft, Johann Arnold Wirth, ein Theaterstück mit dem Titel «Tadeusz Kosciuszko, der Naczelnik».
1978 wurde festgestellt, dass das Museum in seiner ursprünglichen Form den museologischen Anforderungen nicht mehr genügte und eine Reorganisation erforderlich war. Die Umsetzung des vorgestellten Projekts verzögerte sich aus verschiedenen Gründen. Zunächst mussten Fördermittel von 90'000 Franken beschafft werden, was dank Zuwendungen von Stadt und Kanton Solothurn sowie zahlreichen Firmen und Privatpersonen, darunter viele Polen, erreicht wurde. Inzwischen wechselte der Besitzer des Hauses, was den Fortbestand des Museums zunächst in Frage stellte. Auch der Kustos des Museums hat mehrmals gewechselt. Das ursprüngliche Projekt zur Modernisierung des Museums wurde überarbeitet und erweitert, indem den bestehenden zwei Räumen ein dritter hinzugefügt wurde. In den Jahren 1981–1983 wurde das Museum unter der Leitung von Zygmunt Stankiewicz und Nicolo Vital renoviert. Am 15. September 1984 wurde das Museum in neuer Form offiziell eröffnet. 2006 wurde bei einer Waffenauktion eine Originalpistole erworben, die Kościuszko während seines Aufenthalts in Paris bei sich trug.
Im Jahr 2018 wurde der fehlende Teil der Wohnung von Kościuszko mit dem Büro des Generals, der zuvor von einer Privatperson bewohnt wurde, dem Museum hinzugefügt. Dank der guten Zusammenarbeit und der ständigen Schirmherrschaft über das Museum der polnischen Kapitalgruppe SOLBET konnte die Kosciuszko-Gesellschaft mit dem Eigentümer des Hauses einen Vertrag über die Anmietung und Erweiterung des Museums um den fehlenden Raum abschliessen. Dieser Raum beinhaltet unter anderem den originalen, vermutlich 230 Jahre alten Kleiderschrank aus Walnussholz, benutzt von Kościuszko. Auch ein kleiner Innenhof wurde erschlossen.
Die grösste Stärke des Museums ist es, an dem Ort untergebracht zu sein, an dem Tadeusz Kościuszko die letzten Jahre seines Lebens verbrachte, mit sorgfältig nachgebildeter Ausstattung und Gegenständen, die ihn umgaben. Das Herzstück des Museums ist gewissermaßen ein Alkoven mit einem originalgetreu rekonstruierten Bett, auf dem Kościuszko starb.
Die Bedeutung dieses einzigartigen Ortes wird durch Besuche von prominenten Landsleuten bestätigt. Im Laufe der Jahrzehnte seines Bestehens wurde das Kosciuszko-Museum unter anderem von General Władysław Anders (ehemaliger Oberbefehlshaber der polnischen Streitkräfte), Kardinal Karol Wojtyła (späterer Papst Johannes Paul II.), Władysław Bartoszewski (späterer Aussenminister der Dritten Republik Polen), dem polnischen Präsidenten Lech Wałęsa und Kardinal Józef Glemp besucht. Das Kosciuszko-Museum in Solothurn ist eines der ältesten Mitglieder der Ständigen Konferenz der Museen, Archive und polnischen Bibliotheken im Westen (MABPZ), einer 1979 gegründeten Organisation, die polnische Einrichtungen im Ausland vereinigt. Das Museum in Solothurn wurde Anfang der 1980er Jahre MABPZ-Mitglied.
Am 20. September 2018 wurde das Museum vom stellvertretenden Ministerpräsidenten und Minister für Kultur und nationales Erbe, Prof. Piotr Gliński in Begleitung von Jacek Miller (Direktor der Abteilung für Kulturerbe im MkiDN) und anderen Vertretern der Diplomatie besucht.
In den Jahren 2020-2022 wurden nach Erhalt von Mitteln des Aussenministeriums durch die Stiftung «Hilfe für die Polen in Osten» weitere Renovierungsarbeiten durchgeführt.
2021 feierte das Museum sein 85-jähriges Bestehen mit einem Kreis geladener Gäste.
Wir laden Sie herzlich ein, unser Kosciuszko-Museum zu besuchen ‒ in Solothurn, der schönsten Barockstadt der Schweiz.
Foto © Karl-Heinz Scholz