Tadeusz Kościuszko


Der polnisch-amerikanische Nationalheld Tadeusz Kościuszko.

Ölgemälde nach A. Oleszczynski, 1850.

Herkunft und Jugend

Tadeusz Kościuszko wurde 1746 aus einer kleinen Landadelsfamilie auf dem Gute Mereczowszczyzna in der Umgebung des Städtchens Kosowo geboren, etwa 100 km östlich der heutigen polnischen Ostgrenze, in einer abgelegenen und armseligen Gegend, damals Podlesie genannt, heute ein Gebiet der Republik Weissrussland. Sein Vater ermöglichte ihm eine gute Ausbildung im Kollegium der Piaristen von Lubieszow, südwestlich von Pinsk. Kurz vor Schulabschluss übersiedelte seine inzwischen verwitwete Mutter auf das fruchtbarere Gut Siechnowicze, nur etwa 6 km östlich der heutigen Grenzstadt Brest. Hier übernahm er zunächst die Verwaltung des rund 300 Leibeigene zählenden Gutes. Das ruhige Leben eines Landedelmannes behagte jedoch seinem feurigen Temperament wenig, so dass er sich nach fünf Jahren der Offizierslaufbahn zuwandte.
 
1765 – 1769 absolvierte er die Kadettenschule in Warschau; 1769 – 1774 bildete er sich mit einem königlichen Stipendium in Frankreich zum Festungsingenieur aus. Während der ersten polnischen Teilung 1772 weilte er somit im Ausland.


Amerika

Wegen ständiger Differenzen mit seinem Bruder, dem seine Heimkehr 1774 unwillkommen war, und einer unglücklichen Liebesgeschichte begab sich Kościuszko 1776 wieder nach Frankreich, wo er sich aber sogleich einem Freiwilligenkorps für die Unterstützung des Befreiungskrieges der Vereinigten Staaten gegen England anschloss. Er wurde vom amerikanischen Kongress als Genie-Oberst in Dienst genommen und erbaute acht Festungen zum Schutze von New York und Philadelphia, die viel zum Siege über die Engländer beitrugen. Am Schlusse stand er an der Südfront selber im Kampfeinsatz. Für seine Verdienste wurde er von Präsident Washington zum Brigadegeneral erhoben, und der amerikanische Staat schenkte ihm ein schönes Landgut bei West Point nebst einer grosszügigen jährlichen Pension. Trotzdem hielt es ihn nicht lange in Amerika. 1784 kehrte er nach Siechnowicze zurück, wo sein Bruder inzwischen ausgekauft worden war. Er führte hier die neuen landwirtschaftlichen Methoden ein, die er in Amerika kennengelernt hatte, doch blieb der materielle Erfolg aus.


Der Naczelnik

Zum polnischen Nationalhelden wurde Kościuszko durch die zweite und dritte Teilung Polens 1792 und 1795. Sie nahmen ihren Ausgang von den Reformbestrebungen des Königs Stanislaus August Poniatowski, der Polen zu einem modernen Staat nach dem Vorbild der amerikanischen und französischen Revolution umgestalten wollte.
 
Am 1. Oktober 1789 wurde Kościuszko mit vier weiteren Generälen mit der Aufgabe betraut, eine polnische Nationalarmee von 100'000 Mann aufzustellen.
 
Am 3. Mai 1791 proklamierte der König eine neue Verfassung. Diese Neuordnung missfiel nicht nur den entmachteten grossen Magnaten, sondern auch den Nachbarn Russland und Preussen, die ein Übergreifen der revolutionären Ideen auf ihre eigenen Völker befürchteten. Am 14. Mai 1792 schlossen die Gegner der Reform die Konföderation von Targowica und riefen sogleich die Hilfe Russlands an; vier Tage später überschritten zwei russische Armeen die polnische Grenze. Die im Aufbau begriffene polnische Nationalarmee vermochte den russischen Vormarsch nur zu verzögern, aber nicht aufzuhalten. Darauf befahl der König die Einstellung des Widerstands und schloss sich selber der Konföderation von Targowica an. Aus Empörung reichte Kościuszko mit vielen anderen Offizieren seinen Austritt aus der Armee ein. Kościuszko ging ins Exil, zuerst nach Sachsen, dann nach Frankreich, wo ihm der Konvent das Ehrenbürgerrecht verlieh.
 Die Anhänger der Reform gaben sich indessen noch nicht geschlagen und begannen von Sachsen aus, einen Aufstand zu organisieren. Im September 1793 ersuchten sie in Leipzig Kościuszko, als Naczelnik, das heisst als Oberbefehlshaber mit diktatorischen Vollmachten, die Leitung des Aufstandes zu übernehmen, dem er sofort zusagte. Am 24. März 1794 verlas Kościuszko auf dem Marktplatz in Krakau ein Manifest, das die Befreiung des Vaterlandes verkündete. Innerhalb einer Woche wurde eine Truppe von 4000 Mann ausgehoben; dazu kamen 2000 der legendären „Sensenmänner“; nur mit primitiven Sensen ausgerüstete Bauern. Die Russen hatten inzwischen eine ebenfalls, nicht grosse Armee von 6000 Mann gegen Krakau entsandt. Am 4. April kam es bei Raclawice, etwa 25 km nördlich von Krakau, zum Zusammenstoss, bei dem Kościuszko siegreich blieb. Russland liess eine neue Armee von 9000 Mann in Polen einmarschieren, Preussen sogar 17500 Mann. Kościuszko seinerseits brachte zwar auch 14500 Mann auf die Beine, doch konnte er die Vereinigung der Gegner nicht verhindern. Am 10. Oktober 1794, bei Maciejowice, etwa 100 km südlich von Warschau, sammelte Kościuszko in aller Eile ein kleines Heer von 8500 Mann und stiess auf die doppelt so starke russische Armee. Es kam zu einer blutigen Schlacht, in der Kościuszko selber schwer verwundet in russische Gefangenschaft geriet.


Gefangenschaft und Rückkehr nach Amerika

Kościuszko wurde zunächst mit anderen polnischen Gefangenen in der Festung Petropawlowsk eingekerkert. Ein Jahr später starb die Zarin Katharina, und schon einige Tage später überreichte ihr Sohn und Nachfolger, Paul I, Kościuszko persönlich die Freiheitsurkunde. Über Schweden und England, wo er überall hoch gefeiert wurde, erreichte er Mitte August 1797 Philadelphia. Auch dort wurde er mit höchsten Ehren empfangen und freundete sich vor allem mit dem späteren Präsidenten Thomas Jefferson an. Auf die Nachricht hin, dass der General Bonaparte in Italien polnische Legionen aus den vielen Emigranten bilde, schiffte sich Kościuszko am 5. Mai 1798 nach Bayonne in Frankreich ein. 


Kościuszko und Solothurn

Die Hoffnungen, die Kościuszko auf Frankreich setzte, erfüllten sich jedoch nicht. Sein Hauptziel, mit den in Italien und im Rheinland aufgestellten polnischen Legionen an der Seite der Franzosen, Polen zu befreien, passte nicht in die Pläne des aufsteigenden Diktators Bonaparte. Kościuszko zog sich enttäuscht ins Privatleben zurück. Wohl in den Pariser Salons war er mit dem damaligen helvetischen Gesandten, dem Solothurner Peter Joseph Zeltner, in Kontakt gekommen. Seit 1801 lebte er bei dessen Familie, zuerst in Paris, dann in dem von Zeltner erworbenen Schloss Berville bei Fontainebleau.
 
Nach dem Zusammenbruch des Napoleonischen Kaiserreichs versprach Zar Alexander I, bei einem persönlichen Treffen mit Kościuszko in Paris, alle Unterstützung für das Wiedererstehen des alten Polens, doch konnte er sich am Wiener Kongress gegen Preussen und Österreich nicht durchsetzen.
 Nach diesem Misserfolg beschloss Kościuszko, sich in der Schweiz niederzulassen.
 
Er nahm das Angebot des Bruders von Peter Joseph Zeltner, Franz Xaver Zeltner, an, ihm in Solothurn eine Zuflucht zu bieten. Anfang Oktober 1815 traf er hier ein und bezog eine kleine Wohnung an der Gurzelngasse 12, die heute unser Museum beherbergt.
 Am 15. Oktober 1817 verschied er ruhig, vermutlich an einer Grippe.